Wie und warum haben Sie Ihr Unternehmen gegründet und wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Die Idee kam aus dem eigenen Bedarf heraus. Als ich 2019 das erste Mal Mutter wurde, merkte ich ziemlich schnell, dass der Markt nicht genügend attraktive Mode für die Stillzeit bietet. Meistens sogar nur in Kombination mit Schwangerschaftsmode, sogenannte Umstandsmode. Eine Kombination die äußerst unvorteilhaft aussieht, wenn der pralle Schwangerschaftsbauch weg ist. Ich war also auf der Suche nach Mode, in der ich unkompliziert stillen kann, ohne mich komplett entblößen zu müssen, die nicht gleichzeitig auch Schwangerschaftsmode ist und dazu noch stylisch, zeitlos und nachhaltig produziert wird. Habe ich damals nicht gefunden und daher relativ schnell entschieden, meine eigene Stillmode zu entwerfen.
Welches waren die größten Herausforderungen bei der Gründung Ihres Unternehmens und wie haben Sie diese überwunden?
Die größte Herausforderung war im ersten Schritt, dass ich selbst keine Modedesignerin bin und auch nicht nähen kann. Erst wollte ich mir das Nähen beibringen, aber dazu hatte ich mit Baby weder Zeit noch Ruhe. Also nutzte ich die Schlafenszeiten meines Kindes, um zu recherchieren. Näherte mich strukturierter an das Thema heran und kontaktierte erstmal viele viele Produktionsstätten, um zunächst den Produktionsprozess zu verstehen. Ich identifizierte, was ich brauchte und was mir fehlte: eine Person, die technische Zeichnungen meiner Ideen anfertigen konnte. Als ich diese Person fand, kam der Rest von alleine. An alle weiteren Meilensteine tastete ich mich Schritt für Schritt heran, bis ich dann im Sommer 2021 mit der ersten Kollektion meiner Stillmode live ging.
Welche Herausforderungen haben kleine Unternehmen in Deutschland, wenn sie versuchen, Finanzierung zu finden?
Ich muss an dieser Stelle die Frage erweitern: „Welche Herausforderungen haben kleine Unternehmen, die von Frauen und gleichzeitig Müttern geführt werden, wenn sie versuchen, Finanzierung zu finden?“ Denn das ist leider auch nochmal ein Unterschied. Ich habe den Launch meiner ersten Kollektion komplett selbst finanziert, habe bis auf die Technischen Zeichnungen alles selbst aufgebaut und erarbeitet und somit viele Kosten gespart. Eine Fremdfinanzierung war für mich erst nach dem ersten Jahr interessant als ich merkte, wie groß das Potenzial ist. Ich kam mit den Nachproduktionen nicht hinterher, hatte nicht genug finanzielle Mittel, um größere Mengen in Auftrag zu geben. Daher fragte ich zunächst Banken an, um Gründerkredite zu beantragen. Fragen wie „Wie wollen Sie das mit zwei Kindern schaffen?“ gehörten dann leider zu den ersten Fragen dazu. Ja, ich hatte dann schon zwei Kinder. Also habe ich nicht nur gegründet, alles komplett selbst aufgebaut, sondern nebenbei war ich auch ein zweites Mal schwanger, habe ein zweites Kind auf die Welt gebracht und mit Kleinkind und Baby das Geschäft geführt - und das erfolgreich. Proof of Concept war da, die Kollektion leer gekauft. Die Banken trauten aber dem Markt nicht, konnten sich mit dem Thema nicht anfreunden. Nach der 5. Absage einer Bank war für mich klar, dass ich einen Business Angel brauche, der an mein Konzept glaubt. Den habe ich dann auch irgendwann gefunden. Insgesamt dauerte die Suche nach Kapital 5 Monate.
Könnten Sie bitte ein wenig über sich selbst erzählen?
Ich bin 1988 in einem kleinen Ort bei Köln geboren und habe während der Schulzeit viel in Modegeschäften gejobbt. Ich mochte es Kund:innen zu beraten. Nach meinem Abitur bin ich über meinen damaligen Arbeitgeber nach London gezogen und habe dort in Vollzeit in einem Modegeschäft gearbeitet, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Nach 6 Monaten bin ich zurück und habe mein International Business Studium begonnen und an der TH Köln 2013 absolviert. Direkt danach bin ich nach Vancouver, Kanada, gezogen und habe dort als Referentin des Geschäftsführers eines mittelständischen Einzelhändlers für Skate- und Snowboardbedarfs gearbeitet. 2015 bin ich zurück nach Köln, um meinen Job als Projektmanagerin im strategischen Einkauf Non Food der REWE Group anzutreten. 2019 bekam ich mein erstes Kind, den Rest kennen Sie bereits.
Wie gehen Sie mit Geschlechterstereotypen in der deutschen Geschäftswelt um?
Es fängt damit an, dass ich grundsätzlich immer mit „Herr“ angeschrieben werde. Das ist grundlegend schon immer so gewesen, da ich einen unbekannteren Namen habe, doch jetzt als Geschäftsführerin ist es in fast 100% der Ansprachen so. Mein Gefühl sagt mir, dass man als Frau schon auch lauter sein muss und auch zeigen sollte, was man erreicht und leistes, denn oftmals wird man als Frau in eine Schublade gesteckt. Entweder ist man die ehrgeizige Karrierefrau oder die fürsorgliche Mutter. Man kann sehr wohl beides sein oder auch nur eines davon. Jede Variante ist harte Arbeit, denn hinter jedem dieser Tätigkeiten steckt viel Arbeit. Und Frauen sollten das sagen dürfen, ohne in irgendeiner Form abgestempelt zu werden. Wissen Sie, ich betone jedesmal bewusst, dass ich nachts arbeite und tagsüber meine Kinder betreue. Nicht weil ich möchte, dass mir jeder auf die Schulter klopft. Sondern weil ich zeigen möchte, dass es echt harte Arbeit sein kann und da sind Wertschätzung, Respekt und Rücksichtnahme toll. Auch wenn ich mir die Betreuung mit meinem Mann teile, ist ein sehr kleines Kind oftmals auch viel bei der Mutter. Und so kommt es eben dazu, dass ich tagsüber das Handy öfter liegen lasse und mich erst abends oder nachts an wichtige Aufgaben setze, die meine Konzentration erfordern. Viele Frauen und Mütter arbeiten spät abends noch nach, weil sie früher von der Arbeit gehen mussten, um die Kinder von der Kita abzuholen. Nicht alle werden für diese Extrazeit bezahlt, weil sie einen Teilzeitvertrag haben. Auch bekommen Mütter nach ihrer Elternzeit kaum Jobs mit viel Verantwortung angeboten, außer sie arbeiten in Vollzeit. Ich sehe auch unter meinen Kundinnen super viele Mütter, die herausragend ausgebildet sind, aber auf das Muttersein reduziert werden und kaum Entwicklungschancen auf der Arbeit haben. Das ist ein Problem!
Was sind die Hauptgründe für den Einsatz eines Cash Flow Planers in Ihrem Unternehmen und was sind die wichtigsten Vorteile?
Ohne Cash Flow Planner geht es nicht! Wir befinden uns im Wachstum und investieren immer wieder viel in Ware, um weiter skalieren zu können. Wenn ich da nicht den Überblick habe, wann welche Zahlung fällig ist, fällt das Gerüst zusammen. Gerade die Modebranche ist echt nicht easy. Faktoren wie z.B. Retouren haben ein großes Potenzial einem Start-up das Leben schwer zu machen. Und gerade am Anfang hat man geringe Produktionsmengen, schlechtere Konditionen und unattraktive Zahlungsziele. Für uns wird es mit dem Wachstum langsam besser. Bevor ich Puls Project genutzt habe, habe ich alle Daten händisch in einer Excel Tabelle zusammengeführt. Nun spare ich super viel Zeit!
Welche Strategien verwenden Sie, um Arbeit und Privatleben angesichts des dynamischen Tempos des Unternehmertums auszubalancieren?
Ich sage Ihnen ehrlich: es ist eine Herausforderung! Mir hilft es, wenn ich meine To-dos klar und strukturiert verteile, um den Überblick nicht zu verlieren. Hierfür nutze ich eine App, in der ich alle Aufgaben verwalte und mir über die Woche je nach Prio verteile. Auch meine Termine sind mit drin. So sehe ich alles auf einen Blick: das was ansteht und das, was schon überfällig ist. Da ich noch keine festen oder normalen Arbeitszeiten habe, versuche ich außerdem die Arbeitszeiten konsequent von der privaten Zeit zu trennen und sie auf die Schlafenszeiten meiner Kinder oder die Zeiten zu legen, wo meine Kinder anderweitig von meinem Mann oder den Großeltern betreut werden können. Das bedeutet auch, dass ich wirklich nur akute Mails und Telefonate während der privaten Zeit beantworte. Das klappt natürlich nicht immer.
Welche Markttrends in Deutschland halten Sie für die Entwicklung Ihres Unternehmens in den kommenden Jahren für besonders wichtig?
Das Konsumentenverhalten ist hauptsächlich ausschlaggebend für uns. Wie und wo shoppen unsere Kundinnen am liebsten? Ich denke, dass unser Onlineshop weiterhin sehr wichtig für uns bleiben wird, aber auch stationär bauen wir uns gerade eine Base auf und eröffnen sehr bald im Herzen von Köln unseren Showroom - den ersten stationären Laden für Stillmode. Denn das Problem bei Stillmode generell ist: es gibt sie fast nur online! Und gerade nach der Schwangerschaft ist man sich unsicher mit der Größe. Daher möchten wir unseren Kundinnen in Köln und Umgebung auch die Möglichkeit geben, unsere Kollektion anzuprobieren. Auch das Thema Second Hand spielt für uns eine Rolle: gerne möchten wir in Zukunft eine Rubrik für bereits getragene dayê rose Stillmode eröffnen, die so erneut in den Kreislauf geführt werden kann.
Welche Rolle spielen digitale Technologien bei der Entwicklung Ihres Unternehmens und wie halten Sie sich über die neuesten Innovationen auf dem Laufenden?
Ich schaue mir immer wieder neue Möglichkeiten an, das Einkaufserlebnis in unserem Shop zu optimieren. Es gibt immer wieder tolle neue Shop-Integrationen, die App-Entwickler ruhen sich nicht aus! Hierzu suche ich proaktiv nach Lösungen, schaue mir Rezensionen anderer Shops an und habe auch einige Newsletter abonniert, die mich über Neuigkeiten informieren. Fachmagazine sind natürlich auch ein guter Weg, sich über die neuesten Innovationen zu informieren.